Alle Arten von Baselbieter Trachten konnten an der Trachtenbörse im Jakobshof in Sissach abgegeben werden. In der Hoffnung, dass diese am Donnerstag einen neuen Besitzer finden.
„ Haben Sie keine Socken dazu?“ Fragen wie diese werden an der Trachtenbörse in Sissach gestellt. So kritisch wie die Fragen sind auch die Blicke der Trachtenschneiderinnen und Trachtenkommissionsmitglieder beim Begutachten der angelieferten Kleidungsstücke: Nur Baselbieter Trachten und ausserdem längst nicht alle Blusen und Röcke werden in Kommission genommen. Was zu alt und zu verwaschen oder nicht mehr zu flicken ist, wird zurückgewiesen. Ebenso wird mit „Folklore“, sprich Edelweisshemden und desgleichen verfahren. Diese haben nämlich bei den edlen Trachtenteilen nichts zu suchen.
Beim Eintreten in den Jakobshof wird man von zwei Frauen in der Baselbieter Sommertracht begrüsst. Sie regeln das Administrative, nehmen Name und Adresse auf, verteilen Nummern und rufen diese auf, sobald eine Person frei ist, die die mitgebrachten Teile kontrollieren kann. Offenbar gibt es viele Leute, die ihre Trachtenkleider verkaufen möchten: Man steht Schlange. Wird die Nummer aufgerufen, darf man seine Kleidungsstücke zeigen und es wird entschieden, ob sie zum Verkauf zugelassen werden oder nicht.
Ist diese Hürde überstanden, geht man nach Hause und hofft auf eine Käuferin – oder einen Käufer, denn Männertrachten gibt es auch. Rote Gilets, schwarze Hosen, Hüte oder blaue Burgunderblusen. Es sind einige Männer zu sehen, die ihre Trachten abgeben. „Männertrachten wurden aber nur gemacht, damit die Männer nicht so langweilig daherkommen, wenn die Frauen Festtagstracht tragen“, erklärt eine Frau, die ebenfalls in die blaue Sommertracht gewandet ist.
Begine, Schnitzsack, Gottegürtel
Beim genauen Hinschauen sieht man Kleidungsstücke, von denen man gar nicht gewusst hat, dass es sie gibt. Eine Begine zum Beispiel, eine Art Haube, die auf dem Kopf getragen wird, mit oder ohne Bändel. „Wenn mit Bändel, dann ist es wichtig, dass man dabei nicht wie ein Osterei ausschaut“, meint eine Dame dazu. Ein Latz, ein Gstältli und ein Schnitzsack braucht es auch. Oder einen Braut- und Gottegürtel, der früher eben als Braut oder bei einer Taufe von der Patin getragen wurde.
Auch heute noch ist alles streng reglementiert: das Mieder der Festtagstracht darf grün, schwarz, rot oder blau sein. Die Wintertracht rot, grün oder schwarz. Wobei Schwarz früher den Witwen vorbehalten war, sozusagen als Leidtracht. Das war, bevor Schwarz als Farbe Mode wurde.
Im Saal herrscht trotz dem ernsten Geschäft gute Laune. Man fühlt sich wohl, macht hier und da einen Schwatz oder trinkt Kaffee und isst Änisbrötli. An den Ständern hängen am frühen Nachmittag bereits 100 Teile. Mit mehr als 200 Trachten rechnet man an diesem Tag, die meisten werden am Donnerstag, dem Verkaufstag, neue Besitzer finden.
Für eine gebrauchte Festtagstracht muss mit 1800 bis 3000 Franken gerechnet werden. Gut angelegtes Geld, besteht doch schon der plissierte Jupe aus fünf Metern teuerstem Stoff. Wem das das zu viel ist, der kann am Donnerstag trotzdem einen Blick in den Jakobshof werfen, schon alleine der Stimmung, der schönen Handarbeiten und der netten Trachtenfrauen wegen.
Barbara Rutsch
Erschienen in der „Volksstimme“, der Zeitung des Oberbaselbietes am 20.03.2014.
Anmerkung: Der Verkauf am Donnerstag lief gut, nicht die meisten aber eine beachtliche Anzahl Trachten fanden neue Besitzer.
Fotos: Marianne Hauswirth